Wir schreiben den Sonntag, 18. August 2013. Ich schreibe diese Zeilen mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Das Lachende freut sich darüber, dass heute die beiden letzten Mauersegler ihre lange Reise begonnen haben. Endlich Wind unter den Flügeln, endlich in der Höhe, endlich in der Luft. Schön, wie sie gestartet sind. Und ich freue mich darüber, dass ich dieses Jahr, bis auf einen, alle Segler starten lassen konnte.
Einer hat es nicht geschafft. Er kam schon sehr schwach bei mir an und alle Bemühungen waren umsonst. Er hatte einen Tumor auf der Zunge, konnte kaum schlucken. Er wurde dann erlöst... Auch er hat seine Reise angetreten. Allerdings eine andere...
19 Segler hatte ich diesen Frühling/Sommer. Davon habe ich einen in die Klinik in Frankfurt weitergeschickt, da er aussah, als wäre er durch den Schredder geflogen. Eine gute Entscheidung, dort konnte man die Federn ersetzen und der Kerle konnte einige Tage später wieder fliegen.
Ja, die kleinen Segler. Ich liebe diese Kerlchen, diese kleinen, starken Füsschen, die helle Kehle, diese wachen, schwarzen Augen.
Nun ist es wieder leer im Wohnzimmer. Die grossen Kisten, wo die Segler drin sassen, sind weg. Die Tücher, auf denen sie sassen, werden gewaschen. Dann sind wieder alle Spuren beseitigt, die Mauersegler-Saison 2013 ist vorbei, kaum hat sie angefangen. Zumindest fühlt es sich so an. Jetzt schon vermisse ich sie, ihre Rufe, ihr leises Singen, Tag und Nacht. Das Kratzen an der Kartonwand, wenn einer wieder Kletterübungen machte, das hysterische Geschrei und Flügelschlagen, wenn es Futter gab. Nun müssen keine Heimchen mehr eingefroren werden, keine Drohnen mehr aus den Waben gepuhlt und gekocht werden. Oder doch? Doch, wahrscheinlich schon, denn auch andere Vögel lieben dieses Futter. Immerhin dies, eine Erinnerung an die Segler.
Fotos sind auch da. Und gefilmt hatte ich die Kleinen. Wie oft werde ich wohl diese Filmchen anschauen, um die Zeit zu überbrücken, bis die nächsten Segler kommen. Wann werden sie kommen? Wahrscheinlich erst wieder nächsten Juni. Oh mann... Das ist noch sooo lange. Heute sind die letzten beiden geflogen und jetzt schon vermisse ich sie? Unglaublich.
Sie bedeuten mir sehr viel, die kleinen Kerle. Ja, ich habe eine Wildvogelstation. Und ja, ich erhalte ganz viele spezielle Vögel. Alle liebe ich, alle sind speziell, alle sind wunderschön und über jeden, der es bei mir schafft, freue ich mich irrsinnig. Aber die Segler... sie sind einfach nochmals etwas Spezielles. Meine kleinen Lieblinge? Vielleicht... Es ist nicht fair, gegenüber den anderen Vögeln. Aber ja, ich glaube, inzwischen sind es meine Lieblinge. J
Ich hatte noch nie eine Saison, mit soviel zutraulichen Seglern. Klar, die meisten waren 1, 2 Tage, wenn sie neu ankamen, etwas verstört und ängstlich. Aber ich hatte wirklich 2 Kisten voll mit Seglern wo einfach bei jeder Fütterung alle an den Fingern hingen und nach Futter schnappten. Genial. Sowas macht natürlich echt Spass, hatte ich doch auch vor einigen Jahren über 30 Segler da, von denen die Hälfte zwangsgefüttert werden musste. Oh ja, dieses Jahr war ein tolles Seglerjahr. Alles so nette Kerle! Ich vermisse sie.
Fliegt gut, kleine Freunde, kommt gut an Eurem Ziel an, gebt Sorge zu Euch! Und kommt in 2 Jahren wieder, gerne werde ich mich dann, wenn Not am Mann ist, um eure Babys kümmern und sie genauso liebevoll versorgen wie Euch...